Der neue Rosenheimer Amigo-Palast

In der Bahnhofstraße soll ein neues Bauwerk entstehen. Genauer gesagt, soll das alte Gebäude der VR-Bank abgerissen und durch ein moderneres ersetzt werden. Ein Palast mit viel Glas und in futuristischem Design soll entstehen. Das wirft zu nächst einmal die Frage auf, wozu die VR-Bank an dieser Stelle überhaupt eine derartige Protzhütte benötigt, wo doch in unmittelbarer Nachbarschaft bereits ihre allseits bekannte Betonfestung an den Wolken kratzt. Vermutlich aus dem gleichen Grund, aus dem ein Rüde sich an den Testikeln leckt: Weil er es kann. Geschwungene Formen, eine bullige mehrstöckige Fensterfront und ganz oben Wohnungen, die sich preislich jenseits der Million bewegen dürften.
In gewohnter Megalomanie soll ein Gebäude erschaffen werden, das anmutet wie ein Raumflughafen aus ferner Zukunft, den man in ein mittelalterliches Dorf gebeamt hat. Wie sich das mit dem vorherrschenden historischen Stadtbild vereinbaren lassen soll, bleibt im Dunkeln. Ungeachtet dessen billigte man bereits den städtebaulichen Vorentwurf dieses absonderlichen Fremdkörpers zur weiteren Planung.
Ein Amigo-Palast als Sinnbild Rosenheimer Günstlingswirtschaft
Das ist jedoch in der Schildbürger-Stadt Rosenheim kein großes Problem, sofern der Antragsteller ein gut betuchter CSU-Günstling ist. Während man einen normalen Bürger bereits bis zur Ekstase gängelt, wenn er sich nur seine Fensterrahmen in der falschen Farbe streichen will, seine Dachziegel um zwei Farbtöne zu dunkel sind oder sein Gartenhaus einen halben Meter zu breit ist, können die Amigos nach Herzenslust die skurrilsten Ausgeburten ihrer exaltierten Gemüter in die Landschaft pflanzen, sollten diese auch noch so deplatziert wirken. Bekanntermaßen sind Banken ja gern gesehene Geldgeber der Stadt Rosenheim. So trat beispielsweise jüngst die Sparkasse Rosenheim-Bad Aibling als offizieller Sponsor des Neujahrsempfangs der Stadt Rosenheim in Erscheinung.
Geld regiert eben nicht nur die Welt, sondern auch die Stadt Rosenheim. Wie es scheint, haben die Amigos ihren Deal mit der Oberbürgermeisterin längst ausgehandelt. Erstaunte Rosenheimerinnen und Rosenheimer, die sich dieses klobige Geschwür aus Glas und Beton zukünftig ansehen müssen, werden hingegen vor vollendete Tatsachen gestellt. Auch für das Problem der 59 fehlenden Parkmöglichkeiten fand sich eine Lösung: Die VR-Bank bezahlt eine hohe Summe als sogenannte Stellplatz-Ablöse und erwägt, parallel dazu weitere 20 Parkplätze, möglicherweise im neuen Parkhaus-Betonbunker am Bahnhof, anzumieten. Öffentlicher Raum, finanziert durch den Steuerzahler, der nun als weiteres Tafelsilber großzügig durch die Stadtverwaltung veräußert werden soll.
Selbstverständlich, damit noch mehr Privilegierte mit dem SUV direkt in die Innenstadt rammeln können. Verkehrswissenschaftliche Erkenntnisse, wie beispielhaft in Hamburg gezeigt, wo 75 weggefallene Parkplätze niemand vermisst und sich die Anzahl der Radfahrer indessen verdoppelt hat, gehen der CSU-regierten Stadt Rosenheim in gewohnt antiquierter Ignoranz am Allerwertesten vorbei. Jene, die wirklich auf das Auto angewiesen sind, dürfen sich jedenfalls schon jetzt wieder auf unkoordinierte Baustellen, Straßensperren und den totalen Verkehrsinfarkt im Innenstadtbereich freuen.
Eine Win-win-Situation für VR-Bank und Stadt
Wer weiß, wie Banken arbeiten, dem ist auch klar, dass die genannten 737.500 Euro, als „Stellplatz-Ablöse“ getarnten Schmiergeldes, niemandem wehtun. Bei der Stadt freut man sich ziemlich sicher über die teuer verkaufte „Problemlösung“. So kann man ganz nebenbei auch die normalen Autofahrer abkassieren, die zukünftig noch schlechtere Chancen darauf haben, einen der wenigen Parkplätze zu ergattern. Eine Win-win-Situation sozusagen, bei der lediglich das unbedeutende Fußvolk auf der Strecke bleibt. Sollen die doch mit dem Fahrrad fahren, damit der Bourgeoisie genügend Platz für ihre Protzkübel bleibt.
Der dekadente Sumpf der Rosenheimer Günstlings- und Amigo-Wirtschaft offenbart ein weiteres Mal seine hässliche Fratze, diesmal in Form eines angedachten gläsernen Palastes ohne Parkplätze. Vielleicht ist es aber auch nur der verzweifelte Versuch, in einem rückständigen Provinznest ein weiteres Trugbild der Moderne schaffen zu wollen.


Er ist der ultimative Garant für seriösen Qualitätsjournalismus im Bauernland südlich des Güllegürtels. Neben seinem eigenen Blog, schreibt er auch regelmäßig für INNoffiziell und ist somit ein wichtiges Sandkorn im Getriebe der Verursacher von Missständen. Den Kampf gegen die korrupte Günstlingswirtschaft der Hinterwäldler hat er sich ganz groß auf die Fahne geschrieben.